Hmmm… mmmh




Weil ich einst wissenschaftliche Hilfskraft an den Instituten für Sprachwissenschaft sowie für maschinelle Sprachverarbeitung war, fiel mir in einem norddeutschen Wartezimmer ein Dialog ins Ohr, bei dem eine Seniorin ihre Tochter „zutextete“ und die Tochter auf den Textschwall ihrer Mutter mit einer breiten Varietät von „Hmmms“ und „Mmmhs“ reagierte. Ich war sofort begeistert, denn diese halb gemurmelten Laute kommunizierten eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Bedeutungen, von „echt?“ über „ja, ich hör dir zu“, „ach so“, „kann schon sein“, „so so“, „o je, wie traurig“, „is‘ nich‘ war!“, „stimmt“ bis zu „du nervst… jetzt hör‘ endlich auf zu sabbeln“… 

Natürlich fühlte ich mich sofort an meinen bis heute höchst verehrten Lehrer Joseph Beuys erinnert, der in meinem Geburtsjahr eine Performance (oder auch „Audioskulptur“) ablieferte, die auf den schönen Titel „Ja Ja Ja Ne Ne Ne“ hört und die ich bis heute liebe – linguistisch gesehen rundum genial und darüber hinaus umwerfend komisch. Gerade aber als „on/off“-Hochschullehrer hat Beuys meinen allertiefsten Respekt für eine andere, sehr mutige Aktion, die viel mehr war als einer seiner „Fluxus-Ulks“ (auch wenn die Aktion natürlich saukomisch war):

Als er das Semester an der Düsseldorfer Kunsthochschule eröffnete - vor allen wichtigen Leuten - da bestand seine Rede nur aus grunzenden „Öhöhs“ und „ööh… ööh… ööh“. Ein Journalist verglich das mal passenderweise mit einem Elch, der unter akutem Brechreiz leidet. So klang es auch tatsächlich. Wer derartige Veranstaltungen (vor allem unter Beteiligung von Polit-Prominenz) aus eigener Erfahrung kennt, weiß, daß Beuys das ganze Procedere in seiner Aktion zielgenau auf den Punkt brachte und eigentlich nur zur Kenntlichkeit entstellt hat. Dieser Tage freue ich mich, an einer Exzellenz-Uni im Rahmen des Semestermottos „Tradition und Transformation“ ein wenig Kunst und Literatur lehren zu dürfen… Tradition hmmm… Transformation... mmmh… wohlan, das hier ist für meinen Meister Jupp. 

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