„Der Fels in der Brandung“

„Der Fels in der Brandung“
(2018; Videoinstallation; 00:35 Min.; Dimensionen variabel)



Ein sonniger Samstagnachmittag vor der Hamburger Europa-Passage. Mitten in die wogenden Besucherströme hinein setzt sich eine Bettlerin. Die Hamburger Boulevard-Presse berichtet seit Jahren immer wieder von kriminellen Banden, die das Betteln in der Hansestadt zu einem professionellen Geschäftsmodell entwickelt haben. Die Bettlerin platziert sich so, daß es der vorbeiziehenden Menschenmenge möglichst schwer fällt, sie zu ignorieren.
Spontan drängen sich mir bei diesem Anblick diverse Fragen auf: Was wäre, wenn die Not der bettelnden Frau echt wäre? Wie würden sich die Passanten dann verhalten? Genauso?

Im originären Sinne des Wortes „performt“ die Bettlerin hier mit dem Ziel, Bargeld von den Passanten zu erhalten - nicht zuletzt durch das „triggern“ von Emotionen (was ihr bei mir gelungen ist). Doch finanziell gesehen ist die „Aktion“ wenig erfolgreich. Gleichsam merkt man dem „setting“ aber an, daß in dieser „Performance“ eine Vielzahl ästhetischer und (kommunikationstheoretisch gesehen) strategischer Überlegungen gezielt umgesetzt wurden. Eine höchst durchdachte Inszenierung also, die viele wichtige Punkte in dieser Hinsicht anschaulich macht – von der „Blicksteuerung“, der „Dramaturgie“ bis hin zur erzwungenen Aufmerksamkeit und zur angemessenen Dauer der Aufführung.

Die Vorgehensweise der Bettlerin teilt damit ein Grundproblem, das auch Künstler haben, die mit ihrer Arbeit die Welt zu einem besseren Ort machen wollen: Wie soll ich echtes Leiden und Elend gelingend kommunizieren in einer Welt, in der die Inszenierung an die Stelle der Sache selbst getreten ist?

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